Professionelle SängerInnen wissen, wie (körperlich) anstrengend Singen sein kann. Es erfordert viel Ausdauer und Energie, um auf der Bühne zu singen und den jeweiligen Veranstaltungsort zum Leben zu erwecken. Aus diesem Grund sollte das Singen, wie jede andere körperliche Aktivität, ein stimmliches Aufwärmen beinhalten. Das dient unter anderem dazu, den Tonumfang bequem zu erweitern, die Stimme gesund zu erhalten bzw. vor Schäden zu schützen und natürlich klanglich zu überzeugen. Wenn du dich richtig aufwärmst, kannst du außerdem mit weniger Anstrengung länger singen. Daher sollten Aufwärmübungen für deine Stimme ein wesentlicher Bestandteil jeder erfolgreichen Übungsroutine werden.

Es gibt dabei zahlreiche einfache Stimmübungen, mit denen du deine Stimme optimal aufwärmen kannst. Zu entscheiden, auf welche Art und Weise du die Aufwärmübungen absolvieren möchtest, kann mitunter jedoch herausfordernd sein. Gerne helfen wir dir dabei, deine Möglichkeiten stärker einzugrenzen. Hier sind einige der besten Stimm-Aufwärmübungen, die für AnfängerInnen und Fortgeschrittene gleichermaßen geeignet sind.

Warum benötige ich Aufwärmübungen für meine Stimme?

Bevor du mit den Aufwärmübungen für deine Stimme beginnst, solltest du dir bewusst machen, warum diese so wichtig sind. Stell dir deine Stimme dafür als Instrument vor. Dabei wirst du schnell feststellen, dass es sinnvoll ist, sie als solches auch zu pflegen. Ausnahmslos jedes Instrument sollte nämlich in einem guten Zustand bleiben, um die gewünschten Töne zu erhalten – ohne zu viel Verschleiß zu riskieren. Aufwärmübungen für deine Stimme tun im Prinzip genau das: Deine Stimme pflegen und gesund halten.

Die Wahrheit ist, dass Singen ohne die richtige Technik deine Stimmbänder strapazieren kann. Im Laufe der Zeit kann die Überanstrengung der Stimmbänder durch falsche Technik und ausbaufähige Atemunterstützung wiederum zu Stimmschwäche und möglicherweise auch zu größeren Schäden führen. Mit Aufwärmübungen zur Stärkung deiner Stimmbänder kannst du jedoch fast alles singen, was dein Herz begehrt, ohne Angst vor möglichen Verletzungen zu haben. Denk also immer daran, dass die Stimme ein Muskel ist und eine angemessene Übung benötigt, um deine musikalischen Ziele zu erreichen.

Wann und wie lange soll ich meine Stimme aufwärmen?

Du solltest erst etwa zwei Stunden nach dem Aufstehen mit deinen ersten Aufwärmübungen beginnen. Der Grund dafür ist, dass deine Stimme zwei Stunden länger braucht als du, um in ihrer Gesamtheit zu funktionieren bzw. überhaupt erst in Gang zu kommen. Allerdings zielen die Aufwärmübungen nicht nur darauf ab, deine Stimme aufzuwärmen, sondern auch alle anderen Körperteile, die beim Singen eingesetzt werden. Dazu gehören zum Beispiel deine Lippen, die Zunge, die Wangen und der Kiefer, aber auch Nacken und Brusthöhle spielen eine wesentliche Rolle. Grundsätzlich solltest du das Dehnen dieser und weiterer Körperteile also ebenfalls nicht vernachlässigen. Übrigens: Merkst du nach zwei Stunden, dass du immer noch nicht fit (genug) für die Aufwärmübungen bist, solltest du diese auf einen noch späteren Zeitpunkt verschieben.

Wie lange du dich mit den Aufwärmübungen für deine Stimme beschäftigen solltest, ist individuell unterschiedlich. Jeder Mensch ist anders und es ist wichtig, dass du beim Aufwärmen der Stimme auf dein Gefühl und letztendlich deinen Körper hörst. Im Schnitt sollten die Stimm-Aufwärmübungen jedoch mindestens zehn Minuten und nicht länger als 30 Minuten dauern. Starte bereits nach zehn Minuten mit Singen und achte darauf, wie du dich dabei fühlst. Kannst du deine Stimme beim Singen richtig platzieren, ohne zu forcieren? Falls ja, sind zehn Minuten Aufwärmtraining für deine Stimme wohl ausreichend. Wenn nicht, dann solltest du jedoch wieder aufhören zu singen und dich erneut mit Gesangsübungen befassen.

Eine tonlose Übung zu Beginn: Gähnen-Seufzen

Eine sehr schnelle Stimmübung besteht im Gähnen und Seufzen. Die beiden Begriffe verraten bereits, worum es geht. Statt mit geöffnetem Mund gähnst du jedoch einfach mit geschlossenem Mund (Luft einatmen). Anschließend atmest du durch die Nase wieder aus – so, als ob du seufzen würdest. Diese Übung trägt dazu bei, deine Stimme zu entspannen und den Stimmumfang zu verbessern. Darüber hinaus werden durch das Gähnen die Muskeln gedehnt und die Atemwege geöffnet.

(Lippen-)Summen für mehr Ausdauer beim Singen

Eine der wichtigsten Aufwärmübungen besteht aus Summen, da dies deine Stimmbänder nicht allzu stark belastet. Platzier hierfür deine Zungenspitze hinter die unteren Vorderzähne und summ die Dur Tonleiter auf und ab, während du deinen Mund geschlossen hältst. Jede Note sollte wie „hmmm“ klingen – einschließlich des „h“-Sounds. Das Lippensummen unterscheidet sich vom herkömmlichen Summen darin, dass du deine Lippen hier vibrieren lässt. Besser gesagt: Während du Luft durch Nase und Mund bläst, soll ein Motorboot-Geräusch erzeugt werden.

Um diese Stimm-Aufwärmübung durchzuführen, vibrier mit deinen Lippen zunächst ohne Tonhöhe. Das wird dir helfen, deine Atemunterstützung und Ausdauer beim Singen aufzubauen. Versuche als Nächstes, dem Lippensummen eine Tonhöhe hinzuzufügen, und halte diese zwischen drei und fünf Sekunden lang. Es ist dabei dir überlassen, ob die Tonhöhe nach unten oder nach oben geht oder auf einer Note bleibt. Ob du es richtig machst, merkst du an dem komischen, kitzelnden Gefühl in Nase und anderen Resonatoren (Stirn, Wangen etc.). Hast du Schwierigkeiten dabei, das summende Geräusch zu erzeugen, kannst du deine Zeigefinger auf die Mitte deiner Wangen legen. Dadurch werden die Lippen etwas „schlaffer”.

Funktioniert das Lippensummen überhaupt nicht, kannst du den gleichen Effekt erzielen, indem du deine Zunge rollst. Das wird auch als Zungentriller bezeichnet und kommt häufig in romanischen Sprachen wie Italienisch und Spanisch vor. Diese Übung ist für manche SängerInnen jedoch äußerst schwierig. Sie beinhaltet, dass die Zunge gekräuselt und die Rs gerollt gesprochen/gesungen werden.

Strohhalme sind zum Singen da – die Strohhalm-Methode

Strohhalme eignen sich nicht nur hervorragend zum Trinken, sondern auch, um die Stimme aufzuwärmen. Hierfür nimmst du dir einfach einen Strohhalm und summst durch ihn hindurch. Beginne mit tiefen Tönen und steigere dich langsam und gleichmäßig bis zu den hohen Tönen. Zu einem späteren Zeitpunkt kannst du auch dein Lieblingslied durch den Trinkhalm summen. Um dem ganzen (vor allem für Kinder) mehr Spaß zu verleihen, kann auch in teilweise mit Flüssigkeit gefülltes Glas genutzt werden. Im Prinzip funktioniert das wie die Trockenübung, nur dass hier durch das Summen kontrolliert Blasen kreiert werden.

Tatü-Tata, die wohl einfachste Aufwärmübung ist da

Die wohl einfachste Aufwärmübung ist die sogenannte Sirene. Wie der Name schon vermuten lässt, musst du hierfür einfach nur an das Geräusch eines vorbeifahrenden Polizei- oder Feuerwehrautos denken. Ebenfalls möglich ist natürlich die Sirene eines Krankenwagens. Egal, welches Geräusch du präferierst, Ziel ist es, dieses mit deiner Stimme nachzuahmen. Beginne dabei mit der tiefsten Note und gleite durch jeden Ton bis zum oberen Rand deines Bereiches. Wenn du die tiefen und hohen Töne singen kannst, weißt du, dass du in idealer stimmlicher Verfassung bist.

Der Klassiker: Intervall-Übungen und Tonleitern

Der Klassiker unter den Aufwärmübungen sollte nicht nur zum Aufwärmen genutzt werden, sondern so oft es geht. Das heißt, dass du nicht nur die Dur-Tonleiter singen solltest, sondern dich bestenfalls auch mit der pentatonischen Tonleiter oder der Moll-Tonleiter beschäftigst. Außerdem solltest du nicht nur Halb- und Ganztonschritte üben, sondern Intervalle lernen, um genauer von einer Note zur nächsten zu wechseln.

Eine der gängigsten Tonleiterübungen ist die sogenannte Solfège – eine überwiegend virtuose Gesangsübung auf Vokale. Seit dem 18. Jahrhundert gehört diese zur technischen Gesangsausbildung der SängerInnen. Besser bekannt ist das Tonsystem durch die Tonsilben „Do-Re-Mi-Fa-Sol-La-Ti-Do”, die anstelle von c-d-e-f-g-a-h-c genutzt werden, um die Tonleiter zu singen.

Beginne hier mit dem mittleren C, sing dich durch die Solfège die Tonleiter auf und ab und nimm dir die Zeit, um jede Tonhöhe wirklich zu hören. Versuche zudem, diese Aufwärmübung ohne Klavier, als a capella, zu absolvieren, da so zusätzlich deine Gehörbildung geschult wird. Das Üben von Solfège ist jedoch nicht nur ein großartiges Werkzeug für deine Ohren, sondern verbessert auch das Notenlesen und die Genauigkeit beim Singen.